Thanatopraxie und Modern Embalming – was ist das eigentlich?

Der Begriff Thanatopraxie leitet sich aus dem Griechischen ab (thanatos = Tod bzw. Gott des Todes und praxia = Handwerk) und bezeichnet alle vorbereitenden Handlungen für eine hygienische und ästhetische Aufbahrung eines Verstorbenen. Eine Übersicht.

Jeder verstorbene Mensch wird vor seinem Begräbnis oder seiner Einäscherung vom Bestatter hygienisch versorgt. Diese sogenannte hygienische Grundversorgung erfolgt vor der Einkleidung und Sarglegung. Normalerweise werden dem Verstorbenen nach dem Entkleiden zunächst gegebenenfalls medizinische Utensilien wie Pflaster, Verbände, Katheter, Sonden oder Herzschrittmacher entfernt.

Nach der gründlichen Desinfektion und Waschung müssen manchmal noch Wunden geschlossen werden. Im Anschluss folgt eine kosmetische Behandlung mit Rasur, Haarewaschen und Pflege der Fingernägel. Anschließend wird der Verstorbene abgetrocknet und mit einer speziellen Creme massiert, damit sich die Leichenstarre löst und die Haut nicht austrocknet. Vor dem Ankleiden ist das Verschließen aller Körperöffnungen erforderlich. Die hygienische Versorgung endet mit dem Frisieren, Pudern und Schminken des Verstorbenen.

Fließende Grenzen von der hygienischen Versorgung zur Thanatopraxie

Bei der Mehrheit der Verstorbenen ist diese Behandlung auch ausreichend, um den Angehörigen eine würdevolle Abschiednahme am offenen Sarg zu ermöglichen. In etwa vier bis fünf Prozent der Fälle sind jedoch zusätzlich thanatopraktische Maßnahmen für ein ästhetisches Erscheinungsbild erforderlich, zum Beispiel, weil der Verstorbene durch Unfall, Gewalteinwirkung, Krankheit oder Suizid stark entstellt ist. Die Rekonstruktion zerstörter Körperteile ist eine sehr aufwändige und langwierige Prozedur. Ein weiteres Teilgebiet der Thanatopraxie ist eine vorübergehende Konservierung des Leichnams durch Einbalsamierung, das sogenannte Modern Embalming. Dabei wird in einer Art Dialyseverfahren das Blut im Körper durch einen verwesungshemmenden Wirkstoff auf Formalinbasis ersetzt.

Dieses Verfahren wird auch genutzt, wenn der Verstorbene etwa aus dem Ausland zurücktransportiert werden muss oder längerfristig aufgebahrt werden soll. Vor rekonstruktiven Eingriffen ist es ebenfalls unverzichtbar. Das Modern Embalming hat nicht nur hygienische Vorteile, sondern auch kosmetische. So festigt es das Körpergewebe und spült kleine Blutgerinsel wieder aus, so dass anschließend bei einer Aufbahrung keine blauen Flecken mehr an den Händen, am Hals oder im Gesicht zu sehen sind. Durch Zugabe eines roten Farbstoffes lässt sich auch ein natürlich wirkender Teint erzielen. Das Ergebnis ist ein ästhetisches Aussehen des Verstorbenen, was wiederum einen wichtigen Aspekt für die trauernden Hinterbliebenen bei der Abschiednahme darstellt.

Während bei der hygienischen Grundversorgung eines Verstorbenen auf Wunsch auch die Angehörigen mithelfen können, ist die Thanatopraxie ausschließlich dem Fachmann vorbehalten. Die rund 100 Thanatopraktiker in Deutschland haben in einer anspruchsvollen Ausbildung umfassende theoretische und praktische Kenntnisse erworben. In Ländern wie den USA, Großbritannien, Frankreich oder Russland hat die Thanatopraxie einen deutlich höheren Stellenwert als in Deutschland. Während es hierzulande eher um Natürlichkeit geht, sieht in den USA, wo fast jeder thanatopraktisch behandelt wird, der Mensch auf dem Totenbett oft deutlich vitaler aus als vor seinem Ableben.

Cathrin Gawlista

Foto:
pixabay.com/OpenClipart-Vectors

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